Fast eineinhalb Jahre ist es her, dass Russland seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen das ukrainische Volk begann und in das Land einmarschiert ist. Ein kriegerischer Akt, vollzogen von der russischen Föderation, die von ihrer Regierung innerhalb der letzten Jahre von einer scheinbaren Demokratie in eine Autokratie verwandelt wurde. Und dies, knapp 80 Jahre nachdem mit dem Nationalsozialismus die bis dahin brutalste Diktatur Mitteleuropas zerbrochen war.
Eine solche historische Zäsur geschieht niemals ohne tiefgreifende gesellschaftliche Umstürze, von der auch Kultur und Musik nicht unberührt bleiben. Im Angesicht staatlicher Zensur und politischer Interessen dient die Musik in Diktaturen gleichsam als machtvolles Instrument: Als Teil der Propaganda nutzte sie Machthabenden stets als beliebtes Werkzeug zur Massenmobilisierung. Staatlich kontrollierte kulturelle Zensur zwingt Musiker:innen darüber hinaus geradezu in die Rolle einer politischen Positionierung: Der staatlichen Linie treu bleibende Künstler:innen profilieren sich öffentlich als der Obrigkeit folgend und von den Machthabenden abgelehnte Musik wird zum Symbol des Widerstands, während parallel die einzelnen Haltungen künstlerisch tätiger Individuen vielschichtigere Deutungsansätze erfordern.
Im Symposium sollen diese vielgestaltigen Zusammenhänge zwischen Musik und Diktaturen Thema sein. Fokussieren wollen wir uns dabei auf keinen spezifischen geographischen oder historischen Raum und Einflüsse der Musik in jeglichen Diktaturen der Welt besprechen. Gleichwohl wollen wir konkret fragen, ob und wie sich die musikalische Praxis durch diktatorische Strukturen verändert. Wie positionieren sich Künstler:innen in diesen Systemen und wie verbreiten die ins Exil Gezwungenen unter ihnen ihre Kunst? Was machen Musiker:innen oder Komponist:innen, die von einem Tag auf den anderen zu Gegner:innen und Feind:innen erklärt werden? Auf welchen Wegen wird Musik von der Bevölkerung rezipiert? Und welchen Einfluss nehmen Diktaturen generell auf die innere und äußere Landeskultur?
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